Super-Say-on-Pay-Jahr

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Super-Say-on-Pay-Jahr

2025 wird zum Super-Say-on-Pay-Jahr mit drei Pflicht-Tops zur Billigung der Vergütungssysteme von Vorstand und Aufsichtsrat und zusätzlich des Vergütungsberichts. Erleichterungen bei den Transparenzpflichten verspricht das kommende Bürokratieentlastungsgesetz IV. Aber steht „Vergütung“ wirklich noch so im Fokus?

von Thomas Wagner, Vorstand, Better Orange IR & HV AG

Seit Inkrafttreten von ARUG II muss der Aufsichtsrat eines börsennotierten Unternehmens ein klares und verständliches Vergütungssystem für die Vorstandsmitglieder festlegen und der Hauptversammlung (HV) als sogenannten Say-on-Pay-Beschluss zur Billigung vorlegen. Bei wesentlichen Änderungen des Vergütungssystems und zudem mindestens alle vier Jahre (das wird 2025 erstmals häufig der Fall sein) muss der Beschluss erneut von der HV gefasst werden.

Selbst für Experten komplex
Billigt die HV das Vergütungssystem nicht, muss der Aufsichtsrat der nächsten HV ein überarbeitetes Vergütungssystem zur Billigung vorlegen. Ansonsten droht dort dessen Nichtentlastung durch die professionelle Investmentbranche. In Analogie gelten diese Regelungen auch für die AR-Vergütung. Darüber hinaus müssen Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft seit 2022 der HV jährlich einen Vergütungsbericht zur Billigung bzw. Erörterung vorlegen.

Insgesamt führte dies zu einer wahren Informationsflut und erheblichen Zeit- und Kostenaufwendungen seitens der Unternehmen. Denn Vergütungssystem und -bericht sind in der Einberufung zur HV im Bundesanzeiger mitzuveröffentlichen. Hier setzt das Bürokratieentlastungsgesetz IV an: Künftig soll es ausreichen, diese Dokumente nur noch auf der HV-Internetseite zu veröffentlichen.

Say-on-Pay-Regelungen zu bürokratisch?
Wie die Erfahrung der letzten Jahre außerdem zeigt, ist die „Vergütung“ zwar für institutionelle Anleger und Aktionärsschützer als „Treuhänder“ ein wichtiges Thema. Für die anderen HV-Teilnehmer dagegen inhaltlich eher unbedeutend in der HV-Debatte. Dies mag an der möglichweise sehr hohen Komplexität der Systeme oder auch am sehr hohen Transparenzniveau liegen.

Doch warum muss überhaupt ein bereits von der HV gebilligtes Vergütungssystem alle vier Jahre von der HV gebilligt werden, wenn doch wesentliche Änderungen des Vergütungssystems ohnehin einen neuen Say-on-Pay-Beschluss auslösen? Kritiker werden diesbezüglich auf sich verändernde Rahmenbedingungen, Anforderungen der Investmentbranche und Modethemen wie ESG- und Nachhaltigkeitsaspekte im Zeitablauf verweisen. Andererseits tauschen sich mittlerweile Unternehmen und institutionelle Anleger bzw. Stimmrechtsberater regelmäßig über die Ausgestaltung der Vergütungssysteme intensiv aus.

Hinzu kommt, dass die Vergütungssysteme mittlerweile ein hohes Niveau erreicht haben. Dazu hat nicht zuletzt die Drohkulisse einer „Nichtbilligung“ oder sogar „Nichtentlastung des Aufsichtsrats“ beigetragen. Nach anfänglich überraschender Nichtbilligung oder niedrigen Zustimmungsquoten durch die HV und der Verpflichtung, die Vergütungssysteme zumindest noch einmal zu überprüfen oder zu überarbeiten, wurden „Wildwuchs“ und hohe Ermessensspielräume in den Vergütungssystemen weitgehend eingedämmt. Würde man daher auf turnusmäßige Say-on-Pay-Beschlüsse verzichten, ließe sich die deutsche HV meiner Meinung nach weiter „entbürokratisieren“ und attraktiver machen.

Erschienen in AnlegerPlus, Ausgabe 10/2024

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